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Da
ich von Usamaru Furuya erst den Band "Short Cuts" (nur
in englischer Sprache erhältlich) kannte, war ich ziemlich
gespannt, was sich hinter dem unheilvollen Namen "Der Selbstmordclub"
verbirgt. Alle die "Short Cuts" kennen, wissen wie schräg
und verrückt die Einfälle in diesem irren Teil sind. ^^
Doch dieser Band ist anders. Ganz anders. In dem Auszug seiner vielseitigen
Biografie in diesem Buch heisst es: "Mit dem Horrorstück
"Der Selbstmordclub" kehrt er 2002 in sein bevorzugtes
Universum zurück - die Abgründe im Alltagsleben japanischer
Schülerinnen." Zudem noch der Verweis: "Manche Szenen
können Anstoss erregen."
Sein schlichter, unspektakulärer Zeichenstil passt hervorragend
zu der einsamen, kalten Gefühlswelt der Protagonistinnen. Das
Prädikat "Horror" stimmt insofern, als dass das Phänomen
"Mitsuko" zwar erkannt, aber nicht gebannt werden kann.
(Siehe auch die Szene am Ende, in welcher Kyoko in der U-Bahn in
jedem Gesicht nur mehr die Fratze Mitsukos erkennen kann!) Diese
Geschichte ist im eigentlichen Sinn die Chronik eines angekündigten
Todes. Kein Happy-End möglich. Ein düsteres Buch, dass
einem vor Augen führt, wie zerbrechlich ein Mensch ist. (Keine
Wortwitze, bitte!) Das zeigt, wie aus Verzweiflung Abhängigkeit
werden kann. Die Idee, den Fluch "Mitsuko", kann man nicht
aufhalten, nicht töten. Mitsuko stirbt nicht, sondern entwickelt
und verbreitet sich weiter. Unaufhaltsam. Ein gruseliger Gedanke,
oder?
Tipp: Line, Der
lachende Vampir, Das Selbstmordparadies, Vitamin, Life
Lesetipp: Die Selbstmord-Schwestern (Jeffrey Eugenides) |
Der
Selbstmordclub
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Text
& Zeichnungen: Usamaru Furuya
Verlag: Verlag
Schreiber und Leser, München (Reihe "Shodoku",
2006)
Copyright: © Usamaru Furuya, Tokyo, 2002
Ausstattung: SC (21 x 15 cm), 176 Seiten, s/w, japanische
Leserichtung
ISBN: 3-937102-53-1
Leseprobe auf www.schreiberundleser.de |
Als
sich am 31. Mai 2001 in Shinjuku (Japan) 54 Schülerinnen
gemeinsam vor einen Zug werfen, gibt es eine Überlebende:
Sayo Koda. - Sie und Kyoko, ihre beste Freundin, sind seit der
Grundschule zusammen, doch mit der Zeit lebten sich die beiden
ehemals dicksten Freundinnen auseinander. Als Sayo Kyokos Rat
und Fürsorge dringend brauchte, hatte diese keine Zeit für
sie. Völlig verzweifelt und alleine versank Sayo in eine
immer düstere Stimmung. Sie prostituierte sich, um an Geld
zu kommen, verletzte sich selbst. Völlig am Ende, hörte
sie das erste Mal von Mitsuko und ihrem Club. Seit diesem Moment
war Sayo kaum wiederzuerkennen: sie suchte ab diesem Augenblick
die Nähe der verständnisvollen, liebevoll lächelnden
Mitsuko. Lebte auf, folgte ihr. Und Mitsukos Anhängerschaft
wuchs. Dass Sayo auch weiterhin mit Männern schlief, um Mitsuko
Geschenke zu machen, konnte Kyoko nicht verstehen. Die Sache endete
mit dem Selbstmord der Mädchen, bei welchem Mitsuko ums Leben
kam, Sayo jedoch überlebte.
So war es nicht geplant gewesen - Sayo vermisst noch Monate später
die Anführerin des gemeinsamen Freitods, Mitsuko. In ihrer
Trauer, ihrer Einsamkeit, beginnt sie erneut, sich die Arme und
den Körper mit einem Messer zu ritzen. Kyoko versucht ihr
zu helfen, doch Sayos Verehrung für Mitsuko kann sie nicht
nachvollziehen. Als Sayo von einem Mädchen ihrer Schule zur
Rede gestellt und geschlagen wird, da Sayo den Freund des Mädchens
verführt haben soll, versucht Kyoko einzugreifen. Und obwohl
es ihr noch nicht bewusst ist, hat sie Sayo bereits verloren.
Sayo ist sich selbst völlig gleichgültig. Als tags darauf
bekannt wird, dass das Mädchen, welches Sayo geschlagen hatte,
sich zu Tode gestürzt haben soll, brodelt die Gerüchteküche:
verfügt Sayo über übernatürliche Fähigkeiten,
die es ihr ermöglichten, sich zu rächen? Innerhalb kurzer
Zeit steigt Sayo so zu einem Symbol für all die verlassenen,
traurigen, ungeliebten Mädchen auf. Sie gründet einen
Club, wird zu deren Lebensmittelpunkt: wie Mitsuko. Kyoko ahnt,
welches Desaster sich hier anbahnt. Mithilfe ihres Lehrers, Herr
Takeuchi, der dieses Phänomen bereits seit längerer
Zeit beobachtet, erkennt sie die Gefahr: Selbstmorde sind in Japan
nicht ungewöhnlich, doch durch die große Zahl der Todesopfer
durch Mitsuko wurde die Öffentlichkeit und auch die Polizei
hellhörig. Auf einschlägigen Homepages hatte Takeuchi
bereits recherchiert und so den Werdegang Sayos von der Überlebenen
zur Ikone nachgezeichnet. Hinter diesem Wahnsinn steckt ein System.
Mitsuko war nicht der wahre Name des Mädchens gewesen. Vor
ihr hatten schon andere diesen Namen angenommen, um unglückliche
Menschen um sich zu scharen und gemeinsam in den Tod zu gehen.
Kyoko, und unabhängig von ihr auch die Polizei, weiss, dass
ihr die Zeit davonläuft. Sayo, die sich von den Mitgliedern
ihres Clubs nun Mitsuko nennen lässt, plant den Selbstmord
ihres Anhänger. Jeder, der ihr im Weg steht, muss sterben
- auch Herr Takeuchi. Kyoko, die sich für die Veränderung
Sayos verantwortlich macht und sich innig nach ihrer lebenslustigen,
besten Freundin sehnt, tritt am Ende ebenfalls in den Club ein.
Zusammen stehen sie auf dem Dach ihrer Schule und springen in
die Tiefe ... Als die Polizei eintrifft, stellt sie das Unfassbare
fest: ein Mädchen hat den Sprung überlebt ... |
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